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Rund 15 Millionen Deutsche haben eine ausgeprägte Angst vor einer zahnärztlichen Behandlung. Während rund 50 Prozent der Betroffenen ihre Angst irgendwann überwinden und den Weg in die Praxis finden, geht ein Viertel erst dann zum Zahnarzt oder zur Zahnärztin, wenn zum Beispiel lang anhaltende Schmerzen keine andere Wahl mehr zulassen. Ein weiteres Viertel der Betroffenen aber geht gar nicht - und nimmt Schmerzen und einen fortschreitenden Verfall des Gebisses in Kauf.

Die Angst vor der Angst:

Befragt man Betroffene, kommen die verschiedenartigsten Antworten. Der eine hat Angst vor Schmerzen der Behandlung oder fürchtet die Betäubungsspritze, die nächste hat starke Probleme mit der Nasenatmung und Sorge zu ersticken, der dritte hat Angst vor dem hilflosen Ausgeliefertsein auf dem Zahnarztstuhl und beim vierten lösen die Bohrgeräusche heftigste Angstreaktionen aus. Tatsache ist, dass all diese Ängste ganz natürlich sind - niemand geht wirklich gern zum Zahnarzt. Hat man erkannt, dass die eigenen Ängste etwas sehr Normales sind, fällt der nächste Schritt schon leichter: die Angst zu relativieren und Strategien zu ihrer Bewältigung zu ergreifen.


Ein vom Zerfall bedrohtes Gebiss ist nicht nur ein medizinisches Problem, sondern vielfach auch ein soziales. Würden wir im 19. Jahrhundert oder in zahnmedizinisch unterversorgten, wirtschaftlich verarmten Regionen leben, wären Lücken und faule Zähne an der Tagesordnung und nicht weiter auffällíg. In einer Gesellschaft aber, die körperliche Makellosigkeit so extrem betont wie die unsere, kann ein schadhaftes Gebiss schnell zu Akzeptanzproblemen und zu Ausgrenzung führen. Viele Betroffene ziehen sich deshalb zurück und beschränken ihre sozialen Kontakte auf das notwendige Minimum. Doch will man ein solches Leben wirklich führen? Die meisten Menschen sehnen sich nach der Gemeinschaft anderer, wollen sich eigentlich nicht ausgrenzen oder ausgegrenzt sehen. Wenn der Gang zum Zahnarzt praktisch als Eintrittskarte zur Teilnahme am Leben erkannt wird, ist die Kontaktaufnahme zu einem Zahnarzt die logische Konsequenz. Hören Sie sich im Freundes- oder Familienkreis um - bestimmt kennt jemand eine Zahnarztpraxis, in der Patienten besonders schonend und verständnisvoll behandelt werden.


Rufen Sie in der Praxis Ihrer Wahl an und vereinbaren Sie ein Vorgespräch. Weisen Sie bereits bei der Anmeldung auf Ihr Problem hin, damit Ihr Zahnarzt oder Ihre Zahnärztin sich Zeit für Sie nehmen kann. Nach einer ersten Bestandsaufnahme besprechen Sie in aller Ruhe, was alles gemacht werden muss. Lassen Sie sich auch eventuell über Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder die Möglichkeit einer Behandlung unter Hypnose informieren. Manchmal hilft vor der Behandlung auch ein wenig Ablenkung. Nehmen Sie sich am Tag eines Behandllungstermins viel vor. Mitunter hilft Ablenkung auch im Behandlungsstuhl: Bringen Sie Ihre Lieblingsmusik mit. In aller Regel wird das Behandlungsteam nichts dagegen haben.

Haben Sie das Gefühl, dass man Sie nicht ernst nimmt, verlassen Sie die Praxis. Hören Sie sich weiter um und suchen Sie sich - möglichst noch am gleichen Tag - eine neue Praxis. Sollte das Team Sie während einer Behandlung grob anfahren, wäre dies ebenfalls ein Grund, die Behandlung woanders fortzusetzen. Als Patient/in haben Sie das Sagen, Sie bestimmen, was wann und wie gemacht wird - Zahnarzt oder Zahnärztin sind im Zweifelsfall austauschbar.


Es gibt Fälle von Zahnarztangst, die auf traumatische Erlebnisse - meist während einer Zahnbehandlung in der Kindheit - zurückgehen. Hier können psychotherapeutische Verfahren weiterhelfen, die in aller Regel von uns bezahlt werden. Dies können Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, oder eine analytische Psychotherapie bei Therapeuten/Therapeutinnen sein, die eine Kassenzulassung haben (bitte erkundigen Sie sich vor der Behandlung, ob das von Ihnen gewählte Verfahren erstattungsfähig ist). Neuere Verfahren basieren vor allem auf dem EMDR-Prinzip. EMDR steht für Eye Movement Desensitization and Reprocessing. Das in den USA von Francine Shapiro entwickelte Verfahren wird auch in Deutschland erprobt und eingesetzt und gilt inzwischen als wissenschaftlich anerkannt.
Neu ist vor allem der Einsatz der Methode in der Zahnmedizin. Die Medien in Deutschland berichteten in den letzten Monaten vielfach über die Therapieform unter Titeln wie "Mit Augenbewegungen gegen Zahnarztangst". Das trifft den Kern der Sache: Fracine Shapiro hatte bemerkt (nicht in Zusammenhang mit einer Zahnbehandlung, sondern mit einer Krebsdiagnose), dass Augenbewegungen zu einer Entlastung von Ängsten führen. Vereinfacht gesprochen, passiert Folgendes: Traumatische Erlebnisse werden oft in Bildern gefasst, sie entziehen sich der sprachlichen Mitteilung. Das fortwährende Starren auf diese Bilder, das Fixieren auf das Trauma, lässt Ängste immer mächtiger werden. Die gezielte, therapeutisch angeleitete Bewegung der Augen nach bestimmten Mustern führt zu einer Stimulation beider Hirnhälften - die traumatischen Bilder werden zurückgedrängt bzw. aufgelöst, der Patient findet zur Sprache zurück. Er kann seine Ängste in Worte fassen, wodurch nachfolgend eine Verarbeitung des Traumas und eine Auflösung der Ängste ermöglicht werden. Nach der Behandlung können, so die Ergebnisse einer Studie des Universitätsklinikums Münster, die meisten Patientinnen und Patienten wieder entspannt und regelmäßig zur Zahnbehandlung gehen.

Aus: "informiert", dem Magazin der BKK für Heilberufe, Heft Winter 2008/09,
S. 18/19, mit freundlicher Genehmigung der Marketing-Abteilung


 

 
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